verkörperter schrecken: trauma Symptome und therapien

Hast du dich schon mal gefragt "Wieso hilft meine Psychotherapie nicht?" "Wieso ist da dieser dauerhafte innere Schmerz? Die Angstzustände? Die Depression?" Hast du Google auf der Suche nach Lösungen durchkämmt, bist auf den Begriff Trauma gestoßen und fragst dich nun "Bin ich vielleicht traumatisiert?" In diesem Beitrag habe ich einige Informationen zusammengestellt, die dir bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen weiter helfen können. Du findest hier einen Überblick über Trauma und seine Folgen aus einer körperorientierten Perspektive wie sie zum Beispiel Bessel van der Kolk vertritt.

Was ist ein Trauma?

Trauma ist eine allgegenwärtige gesellschaftliche Realität. Sie betrifft nicht nur Kriegsveteranen und Überlebende von Naturkatastrophen. In der einen oder anderen Form tragen wir alle unterschiedliche Formen von Trauma mit uns. Denn Trauma "ist nicht die Geschichte von etwas, dass irgendwann einmal passiert ist. Es sind die bleibenden Spuren des Schmerzes, des Schreckens und der Angst, die im Menschen weiter leben." So sagt es Bessel van der Kolk, Autor des Buches "Verkörperter Schrecken" und weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Traumaforschung.

Trauma ist eine subjektive Erfahrung

Man muss also nicht im Bombenhagel gestanden haben, um traumatisiert zu sein. Auch alltäglichere Formen überwältigender Erfahrungen können sich als Trauma in unser Body-Mind-System einschreiben. Extrem verletzendes Verhalten in Paarbeziehungen und Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz sind zwei klassische Beispiele. Statistisch gesehen, sind dies leider schon "fast normale Erfahrungen". Für die betroffenen Menschen jedoch sind es Ausnahme-Erfahrungen. Erfahrungen die mit einer Wucht und Intensität von Angst, Kontrollverlust, Schmerz und Demütigung einhergehen, die langfristige Veränderungen im Gehirn hervorrufen. Überdies ist Trauma eine subjektive Erfahrung. "Was traumatisch für den einen Menschen ist, ist vielleicht nicht traumatisch für einen anderen. Das ist abhängig von der Persönlichkeit und den Vorerfahrungen, die wir haben.

Wie äußert sich ein Trauma?

Seine tiefsten Spuren hinterlässt Trauma in den sehr alten Teilen des Gehirns, deren Aufgabe es ist, unser Überleben zu sichern. Bei traumatisierten Menschen ist das Alarmsystem im Gehirn permanent hyperaktiv und der Körper gerät in einen dauerhaft Stresszustand. Ein Teil des Gehirns sendet permanent Signale "Gefahr!" "Nicht sicher!" und die Betroffenen reagieren dauerhaft so, als befänden sie sich gerade in Gefahr. Selbst kleinste Anzeichen einer Bedrohung, ob real oder falsch wahrgenommen, führen zu "fight, flight oder freeze"-Reaktionen.

"Ich bin doch nicht traumatisiert!" - Weshalb Trauma verdrängt wird

Obwohl Trauma und seine Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten intensiv erforscht wurden, wird das Thema sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene weitgehend verdrängt.

Dafür gibt es einleuchtende Gründe. Im Falle der Betroffenen ist die Verdrängung häufig ein physiologischer Reflex. Die unmittelbare Reaktion des Gehirns nach einem traumatischen Ereignis besteht darin, das Erlebte zu verdrängen. Auf diese Art vermeidet unser auf Überleben ausgerichtetes Body-Mind-System einen Overload der zu einem Zusammenbruch führen könnte. Die Verdrängung ermöglicht Betroffenen, erst einmal wieder auf die Füße zu kommen und weiterzuleben. Oft spielen auch Scham oder die Angst vor Ausgrenzung eine Rolle bei der Verdrängung von Trauma. Das gilt insbesondere im Falle von Mißbrauch und Gewalt in der Familie oder in Beziehungen.

Trauma ist keine Geschichte, sondern die Wirklichkeit des Körpers

Trauma ist nicht die Geschichte bzw. die in Worten fassbare Erinnerung an etwas, das in der Vergangenheit passiert ist. Trauma ist eine Reorganisation von Gehirn und Nervensystem in Reaktion auf eine Erfahrung von überwältigender Intensität. Diese Veränderung im Gehirn löst häufig Kettenreaktionen auf körperlicher und seelischer Ebene aus und führt letztlich zu einer völlig veränderten Wahrnehmung von Selbst und Umwelt.

Betroffene erleben zutiefst beunruhigende körperliche Empfindungen und schmerzhafte Gefühle. Häufig werden diese überhaupt nicht mit Erinnerungen an traumatische Erfahrungen in Verbindung gebracht. Der rationale Verstand mag zu der Überzeugung gelangt sein, über ein Erlebnis von überwältigender Intensität hinweg gekommen zu sein. Es mag auch sein, dass eine Erfahrung aus der bewussten Erinnerung verdrängt wurde, oder - zum Beispiel im Falle frühkindlicher Traumatisierung - vielleicht nie in diese Einlass gefunden hat. Die Wahrheit des Körpers ist jedoch ein andere. Der Körper erinnert sich.

Trauma-Symptome und Folgen: Chronische Schmerzen, Schlafstörungen, Depression und Suchtverhalten

Nicht umsonst trägt Bessel van der Kolks berühmt gewordenes Buch "Verkörperter Schrecken" in der englischen Originalausgabe den Titel "The Body Keeps the Score". Terror, Wut und Hilflosigkeit können als körperliche Reaktionen manifest werden. Die durch ein überwältigendes Ereignis verursachten Veränderungen im Gehirn führen zu Veränderungen in der Hormonausschüttung, die gesundheitliche Schädigungen auf allen Ebenen verursachen können.

Ein Trauma wirkt sich auf den gesamten menschlichen Organismus aus - auf das Denken, Fühlen, die Beziehungen und die innere Organisation des eigenen Körpers. Trauma-Betroffene sind anfällig für eine Vielzahl von Erkrankungen. Dazu gehören chronische Schmerzsyndrome, Schlaflosigkeit, Depressionen und Suchtverhalten, das einen Versuch darstellt, unerträgliche innere Anspannung zu lösen oder seelischen Schmerz zu betäuben. Im EEG zeigen sich häufig auch Aktivierungsmuster, die typisch für Patienten mit ADHS sind.

Chronische Erschöpfung, Konzentrationsmangel und emotionale Taubheit

In Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren des Gehirns hat sich gezeigt, das traumatisierte Menschen sogar Probleme haben, gewöhnliche, nicht bedrohliche Informationen zu verarbeiten. In der Folge fällt es ihnen schwer, sich voll auf das tägliche Leben einzulassen und aus Erfahrungen zu lernen. Infolgedessen sind sie erschöpft, unkonzentriert. Sie neigen dazu, die selben ungünstigen Verhaltensmuster zu wiederholen und auf diese Art immer wieder die gleichen wenig unerfreulichen Resultate zu erzielen. Traumatisierte Menschen entwickeln oft eine Art emotionaler Taubheit, weshalb viele von ihnen ein sehr hohes Maß an Stimulation benötigen, um sich selbst überhaupt noch fühlen zu können.

Ängste, Hilflosigkeit und Soziale Isolation

Die Folgeerscheinungen eines Traumas beschränken sich nicht auf die sogenannte "gesundheitliche Ebene". Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass eine Traumatisierung die Fähigkeit beeinträchtigen kann, zwischenmenschliche Kontakte aufzubauen oder zu halten. Neugier, Offenheit, und die Fähigkeit die Standpunkte anderer zu vestehen, nehmen ab. Das Gefühl von Lebendigkeit und die Fähigkeit echtes Vergnügen zu empfinden, verschwinden mehr und mehr aus dem Spektrum der zugänglichen Gefühle. Die veränderte Funktionsweise des Gehirns verändert die Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit.

Das Gehirn in Angst und auf permanenter Suche nach Sicherheit

Langfristig, so Bessel van der Kolk, "besteht das größte Problem bei einer Traumatisierung darin, dass man kaum noch das Gefühl hat, dass irgendetwas um einen herum wirklich wichtig ist. Es ist schwierig zu lieben, sich um Menschen zu kümmern und Vergnügen zu empfinden oder gar Interesse und Engagement für etwas zu entwickeln. Das Gehirn ist nun auf den Umgang mit Gefahr programmiert. In diesem Kampf- oder Fluchtmodus sind all die Dinge ausgeklammert, die das Leben eigentlich erst lebenswert machen.

Der bewusste Zugriff auf das Problem, ist für die Betroffenen begrenzt. Schließlich wurzelt diese Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit in unbewussten Teilen des Gehirns, die die Welt immer wieder als gefährlich und beängstigend interpretieren.

Traumatherapie: Weshalb Psychotherapie allein nicht hilft

Langfristig, so Bessel van der Kolk, "besteht das größte Problem bei einer Traumatisierung darin, dass man kaum noch das Gefühl hat, dass irgendetwas um einen herum wirklich wichtig ist. Es ist schwierig zu lieben, sich um Menschen zu kümmern und Vergnügen zu empfinden oder gar Interesse und Engagement für etwas zu entwickeln. Das Gehirn ist nun auf den Umgang mit Gefahr programmiert. In diesem Kampf- oder Fluchtmodus sind all die Dinge ausgeklammert, die das Leben eigentlich erst lebenswert machen.

Der bewusste Zugriff auf das Problem, ist für die Betroffenen begrenzt. Schließlich wurzelt diese Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit in unbewussten Teilen des Gehirns, die die Welt immer wieder als gefährlich und beängstigend interpretieren.

Wege zur Heilung

Da die Auswirkungen von Trauma im somatosensorischen Selbst, liegen, müssen sie auch auf der körperlich-sensorischen Ebene adressiert werden. Das heißt, die Heilung eines Traumas muss auf der körperlichen Ebene ansetzen. Die vermutlich größte Herausforderung bei der Genesung von einem Trauma, besteht darin, zu fühlen was man fühlt und zu wissen, was man weiß ohne überwältigt zu werden.

Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien hat gezeigt, dass konventionelle Verfahren bei der Behandlung von Trauma wenig erfolgreich sind. Dafür erwiesen sich Verfahren, die bislang als unkonventionell gelten, als ausgesprochen wirksam. Wie Bessel van der Kolk in diesem Interview (verlinke: van der Kolk "Healing Trauma") erläutert, erwies sich eine traumasensitive Yogapraxis in Studien als weit wirksamer bei der Behandlung von Traumata als Medikamente. Andere erwiesenermaßen wirksame Verfahren sind EMDR, Neurofeedback, Theatertherapie und die Einnahme von MDMA (Ja. Extacy!) im therapeutischen Setting. Das Gefühl, sich im eigenen Körper wieder sicher zu fühlen, ist das Ziel jeder erfolgversprechenden Traumatherapie - und gleichzeitig ist es auch der Weg.

Die Lücke zwischen Forschung und Praxis

Die Forschungslage ist klar. Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention zum Beispiel haben errechnet, dass kindliche Traumatisierung das größte öffentliche Gesundheitsproblem der USA darstellt. Ihre Folgen sind kostspieliger als Krebs oder Herzkrankheiten und ließen sich durch eine frühzeitige Intervention vermeiden. Doch allen Zahlen und Fakten zum Trotz, ist die Wahrnehmung der Allgegenwärtigkeit von Trauma und seinen gesundheitlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen nicht ins Bewusstsein der Allgemeinheit gedrungen. Das sieht in Europa nicht anders aus als in den USA. Auch hier ist das Gesundheitssystem in der Praxis von den Erkenntnissen der letzten 10 Jahre Traumaforschung weitgehend unberührt geblieben. Die Mehrzahl der Ärzte arbeitet bislang nicht oder kaum traumainformiert. Selbst unter Psychotherapeuten und Psychiatern ist bis heute der klassische Ansatz von Reden + Medikamente noch immer weit verbreitet.

Eigeninitiative ist unverzichtbar

"Wie kann das sein?" fragt man sich. Allem Anschein nach wird Trauma auf der gesellschaftlichen Ebene in mindestens eben solchem Maße verdrängt, wie auf individueller Ebene. Bislang erfordert es ein hohes Maß an Eigeninitiative, erfolgreiche Traumatherapien zu finden. Zum Glück bietet das Internet eine Fülle an guten Informationen und es gibt immer mehr Therapeuten, die traumasensitiv arbeiten.

Eines der großen Probleme ist die Tatsache, dass Traumasymptome von Ärzten und Therapeuten häufig nicht als solche erkannt werden. Ein weiteres besteht darin, dass aus der Perspektive des etablierten Mindsets die Forschungsergebnisse zu Trauma so kontraintuitiv sind, dass sie offenbar nur sehr langsam ihren Weg ins Bewusstsein der Gesundheitsexperten finden. Deshalb sind Betroffene vor allem auf Eigeninitiative angewiesen. Und das stellt eine riesige Herausforderung dar.

Ich hoffe, dass die hier zusammengestellten Informationen dir helfen, bei der Suche nach einem passenden Therapeuten informierte Entscheidungen zu treffen. Ich schreibe diese Beiträge für meinen Blog, weil es mir einen Herzensanliegen ist, traumatisierte Menschen auf ihrer Suche nach einem Weg zur Heilung zu unterstützen.

Tools und Techniken für deinen persönlichen Heilungsprozess

Die Tools und Techniken, die ich auf diesem Blog mit dir teile, haben mir auf meinem Weg zur Heilung sehr geholfen. Sie zu entdecken und ihnen Form geben, war und ist sowohl der Weg als auch das Resultat meines persönlichen Heilungsprozesses. Die Verantwortung bei der Nutzung dieser Tools liegt allein bei dir, und: Natürlich ersetzen sie nicht die Arbeit mit einem qualifizierten Therapeuten.

Dennoch kannst du die Prozesse der Inneren Alchemie und insbesondere Embodied Journaling jederzeit gewinnbringend nutzen - denn es kombiniert die positiven Wirkungen von Yoga, Achtsamkeitsmeditation und Journaling. Du verfügst damit über ein Werkzeug, dass du jederzeit nutzen kannst, um dein Nervensystem zu beruhigen und in einen entspannteren Zustand zurückzufinden. Es kann dir helfen, Selbstwirksamkeit zu erfahren und zu erkennen, dass du mit der Zeit lernen kannst, dir selbst zu helfen.