Journaling, Embodiment

& Embodied Journaling

Journaling hat viele positive Wirkungen auf die Lebensqualität. Das weiß inzwischen jeder, der sich ein wenig mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt. Aber was ist eigentlich Journaling? Was bringt es? Welche Wirkung hat es auf Psyche und Körper? In diesem Blogpost fasse ich für dich einige Infos zum Thema zusammen. Außerdem stelle ich dir meinen Ansatz des Embodied Journaling vor, eine Art des Journalings, die dir helfen kann, die Botschaften deines Körpers wahrzunehmen und zu verstehen.

Was ist Journaling?

Vielleicht fragst du dich, ob Journaling einfach ein neudeutscher Begriff für das gute, alte Tagebuch ist. Die Antwort ist nein. Beim Tagebuch schreiben geht es klassischerweise darum, Ereignisse und Erlebnisse schriftlich festzuhalten. Beim Journaling legen wir den Schwerpunkt unserer Aufmerksamkeit hingegen darauf, zu reflektieren und zu verstehen, was in uns selbst vorgeht. Indem wir unsere Gefühle und Gedanken zu Papier bringen, können wir eine neue Perspektive einnehmen. Dadurch eröffnen sich uns neue Wege, mit uns selbst und unseren Problemen umzugehen.

Die Wirkungen von Journaling

auf Gesundheit und Psyche

Wissenschaftlich besonders gut erforscht ist das expressive Schreiben, eine Journalingmethode, die vor etwa 20 Jahren von Steven W. Pannebaker entwickelt wurde. Pannebaker ist Professor für Psychologie an der Universität Austin, Texas und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den Wirkungen von Journaling. Seine Anleitungen zum sogenannten expressiven Schreiben beinhalten in der Regel die Aufforderung, sich ein emotional schwieriges Thema des eigenen Lebens "auszusuchen", um dann Gedanken und Gefühle zum Thema zu Papier zu bringen. In einer Vielzahl von Studien wurde eine erstaunliche Bandbreite positiver Effekte dieser Journalingmethode auf die körperliche und psychische Gesundheit dokumentiert.

Journaling stärkt das Immunsystem

So zeigte sich zum Beispiel, dass Probanden, die an 4 aufeinanderfolgenden Tagen über traumatische Ereignisse oder schwierige emotionale Erlebnisse geschrieben hatten, im folgenden Jahr 34% seltener eine Arztpraxis besuchten als Probanden, die in der Studie über Dinge des Alltags geschrieben hatten. Weitere Studien zeigten, dass das Schreiben über emotionale Themen die Regulation von Emotionen erleichtert und tatsächlich mit einer nachweislich verbesserten Immunfunktion einhergeht. Ebenfalls belegt ist, dass expressives Schreiben hilfreich für Patienten mit chronischen Krankheiten ist. Probanden mit Asthma und rheumatoider Arthritis zeigten eine verbesserte Lungenfunktion bzw. Gelenkbeweglichkeit. Ebenfalls belegt sind gesündere Blutwerte bei AIDS-Patienten und eine Abnahme der Symptome bei Patienten mit Reizdarm. Eine Vielzahl an Studien mit Krebspatienten belegt ebenfalls gesundheitliche Vorteile des Journalings, eine Reduktion von Symptomen und Schmerzen, besseren Schlaf und ein größere Leistungsfähigkeit im Alltag.

Journaling steigert das seelische Wohlbefinden langfristig

Es überrascht nicht, dass sich die meisten Menschen unmittelbar nach dem Schreiben über emotional schwere Erfahrungen erst einmal traurig fühlen. In den Wochen nach der "Bearbeitung" eines solchen Themas mit Hilfe von Journaling, berichten Studienprobanden hingegen über eine bessere Stimmung, weniger depressive Episoden, weniger Angstzustände, weniger Neigung zum Grübeln und ein verbessertes Allgemeinbefinden. Es zeigte sich außerdem, dass Formen des Journalings wie expressives Schreiben Ressourcen im Arbeitsgedächtnis freigeben, so dass es uns leichter fällt, mit komplexen Aufgaben des Lebens umzugehen.

Embodied journaling

Die Art des Journalings, die ich dir hier vorstellen möchte, hat viele Ähnlichkeiten mit dem expressiven Schreiben. Allerdings findet hier das Journaling nicht aus einer gedanklichen, sondern aus einer körperzentrierten Perspektive statt. Ich nenne diese Form des Journalings deshalb Embodied Journaling.


Was ist embodiment?

Embodiment ist ein facettenreicher Begriff, dem man sich auf unterschiedlichen Ebenen annähern kann. Wenn wir uns mit Embodied Journaling beschäftigen, ist die entscheidende Ebene für uns die Erfahrungsebene. Sie ermöglicht es, uns sehr schnell ein Vorstellung davon zu machen, wovon wir hier eigentlich sprechen. Der Embodiment-Lehrer Mark Walsh, dessen Ausführungen ich hier folge, nimmt seine Kursteilnehmer gerne zunächst einmal mit auf diese kleine Exkursion ins Reich der Körperwahrnehmung: "Nimm deinen Arm wahr. Behandle ihn in deiner Wahrnehmung als sei er ein Objekt, irgendeine Sache, nicht du selbst. Fass ihn an, klopfe ihn ein wenig, als sei er ein unbelebtes Objekt. Nimm wahr, wie das ist. Nimm nun deinen Arm als einen Teil deiner selbst wahr. Fühle ihn. Bewege ihn. Erinnere dich, wie dieser Arm dich begleitet hat - in den Schlachten und den Liebeserfahrungen deines lebens. Wie er Babies gehalten, Essen zubereitet, Wäsche gewaschen und Kunst geschaffen hat - wie er ein Teil deines Lebens gewesen ist. Fühle deinen Arm. Bewege ihn. Nimm wahr, wie das ist ist. DAS ist Embodiment.

Der körper ist mehr als ein gehirntaxi

In diesem Sinne ist Embodiment also eine Wahrnehmung des Körpers als mehr als Fleisch und Knochen, mehr als ein Ding oder ein "Gehirn-Taxi". Embodiment bedeutet in diesem Sinne, den Körper als "ich" wahrzunehmen und nicht als "es". Darüber hinaus wird Embodiment auch als Oberbegriff für alle Body-Mind-Disziplinen benutzt wie zum Beispiel Kampfkünste, Yoga, Bodywork, Improvisation und Conscious Dance . Jede Disziplin, die in den Bereich Embodiment fallen könnte, kann prinzipiell auf drei Arten ausgeübt werden: als Fitness-Training (des "mechanischen" Körpers) als Körperbewusstseins- oder Körperwahrnehmungspraxis (Bewusstsein/Wahrnehmung des Körpers) als Selbstwahrnehmungs- und Selbstentwicklungspraxis (Wahrnehmung als Körper) Embodiment ist in diesem Sinne, die Wahrnehmung unserer selbst als Körper. Diese Art der Selbstwahrnehmung schafft einen ungeheuren Raum für innere Entwicklung.

Embodiement und unser innerer zustand

Wie wir wissen gibt es bestimmte Körperhaltungen, Bewegungsabläufe, Aufmerksamkeits-, Atem- und Klangmuster, die mit verschiedenen Emotionen, Wahrnehmungen, Kognitionen, Handlungen, Kulturen und Beziehungen korrespondieren. Beim Embodiment geht es nicht nur darum, dass der Körper diese zum Ausdruck bringt (wir könnten dies als Körpersprache bezeichnen), sondern auch darum, dass der Körper sie konstruiert. Mit anderen Worten:

Beim Embodiment handelt es sich um eine bidirektionale Verbindung, bei der der Körper unser inneren Zustand sowohl zum Ausdruck bringt als auch erzeugt. Das bedeutet, dass wir Haltungen, Bewegungen und Handlungsmuster bewusst und konstruktiv (im Gegensatz zu historisch und destruktiv) einsetzen können, um unsere Ziele und Werte besser zu erreichen.

Embodied Journaling

Mit Bezug auf Embodied Journaling bedeutet dies, dass wir unseren inneren Zustand "als Körper" wahrnehmen. Das ist eine radikal andere Perspektive als die, die wir haben, wenn wir schreiben, was wir über unseren Zustand "denken". Embodied Journaling wie iche es hier mit dir teile ist ist eine körperzentrierte Achtsamkeitspraxis, bei der wir lernen, mit unserem Körper in eine neue Beziehung zu treten und uns seinen Botschaften zu öffnen. Dies ist eine der Grundvoraussetzungen, um zum Beispiel Traumata zu heilen. Embodied Journaling ermöglicht es auch, Spannungsmuster im Körper aufzulösen, die sich zum Beispiel durch Stress oder emotionale Wunden gebildet haben. Wenn wir auf diese Art Ballast abwerfen, wird jede Menge frischer Energie frei, mit der wir unser Leben immer mehr nach unseren eigenen tiefsten Wünschen und Bedürfnissen gestalten können. Darüber hinaus eröffnet Embodied Journaling aber auch einen faszinierenden Zugang zur Intuition und inneren Weisheit.

Quellen:

James W. Pennebaker und John F. Evans: Expressive Writing. Words that Heal, Idyll Arbor, Inc 2014

Mark Walsh: Embodiment. Moving beyond Mindfulness, Unicorn Slayer Press 2019